Taucheruhren
Von allen verschiedenen Uhrentypen dürfte die Taucheruhr wohl die mit Abstand beliebteste sein. Die Rolex Submariner dürfte das ihre dazu beigetragen haben, auch wenn nicht ganz klar ist, ob Taucheruhren auf Grund der Beliebtheit der Rolex Submariner so populär sind oder ob die Rolex Submariner zu den beliebesten Uhren überhaupt gehört, weil sie eine klassische Taucheruhr ist. Dass dieser Uhrentypus sehr beliebt ist, dürfte die wenigsten Uhrenkenner überraschen: Taucheruhren haben meist nur drei Zeiger, auf unnötige oder überflüssige, oft sogar störende Komplikationen wird einfach verzichet. Zudem ist der sportliche Look dieser Zeitmesser gerade einfach schwer angesagt, wobei sich mittlerweile klassische Taucheruhren auch problemlos zu einem feinen Outfit tragen lassen.
Egal ob Rolex Submariner, Omega Seamaster oder Blancpain Fifty-Fathoms – Taucheruhren bestimmen das Marktgeschehen und werden am häufigsten von erfahrenen Uhrensammlern und Neulingen oder Uhrenwelt gleichermaßen gekauft und getragen. Aber was ist eigentlich eine Taucheruhr? Ab wann gilt eine Sportuhr überhaupt als „Taucheruhr“ und welche Geschichte steckt hinter der Evolution der frühesten wasserdichten Armbanduhren bis hin zu den heutigen Topmodellen mit vielen tausend Metern Wasserresistenz.
Was ist eigentlich eine Taucheruhr?
Wann eine Taucheruhr auch wirklich eine Taucheruhr ist, legt nicht die Marketing-Abteilung des Herstellers fest, sondern – wie könnte es auch anders sein – eine internationale DIN / ISO Norm. Bei Taucheruhren handelt es sich dabei um die ISO Norm 6425, sowie die DIN Norm 8306. Nun würde man vielleicht vermuten, dass diese Normen einfach nur ein gewisses Niveau an Wasserdichtigkeit vorschreiben – aber falsch gedacht! Eine moderne Taucheruhr muss deutlich mehr leisten können und aushalten als ein paar hundert Meter Wasserdruck auf Glas, Gehäuse und Krone. Leider gibt es eine ganze Reihe an Mythen und Falschinformationen hinsichtlich der tatsächlichen Anofrderungen der Normen ISO 6425 und DIN 8306, die vermutlich auf schlecht recherchierte Internetbeiträge zurückgehen. Wer aber die tatsächlichen Anforderungskataloge der entsprechenden Normen durchforstet, der wird verblüfft sein, welche technischen Wunderwerke moderne Taucheruhren tatsächlich darstellen.
Dabei muss man jedoch zwischen zwei grundsätzlichen Qualitätsmerkmalen unterscheiden: einer offiziellen Testung nach DIN / ISO Norm und einer Konstruktion gemäß der entsprechenden Normen. Eine nur den ISO / DIN Normen entsprechende Uhr wurde lediglich anhand der einschlägigen Produktanforderungen konzipiert. Ob diese Uhr dann auch die nötigen Resultate in der Praxis liefern kann, lässt sich nicht zweifelsfrei daraus schließen. Wenn eine Uhr jedoch offiziell von einem Labor entsprechend den Normen getestet wurde (Die Institute hinter DIN / ISO testen nicht selbst), dann kann man sich sicher sein, dass höchste Anforderungen auch tatsächlich erfüllt werden. Zum Teil gibt es sogar Testinstitute, die noch deutlich strengere Anforderungen an Wasserresistenz, Robustheit und Sicherheit stellen, als die ohnehin bereits martialisch anmutenden ISO / DIN Normen.
Anforderungen an eine moderne Taucheruhr
Die wichtigsten und einleuchtendsten beiden Anforderungen an eine Taucheruhr gemäß ISO 6425, die in diesem Punkt mit DIN 8306 beinahe deckungsgleich ist, umfassen die Wasserdichtigkeit und die Ablesbarkeit der Tauchzeit. Die Wasserresistenz wird mit mindestens 100 Metern angegeben. Dieser Wert klingt surreal, da wohl kaum jemand tatsächlich auch nur annähernd 100 Meter mit einer Uhr tauchen würde – die Kompressionszeit wäre horrend lange. Tatsächlich entstehen bei Bewegungen im Wasser, sei es durch Schwimmbewegungen, Strömungen oder andere Veränderungen des Wasserdrucks, Druckspitzen. Diese Druckspitzen wirken auf die Uhr wie auf alles andere und können ein Vielfaches des regulär vorherrschenden Wasserdrucks ausmachen. Dementsprechend benötigt man eine Art Sicherheitspuffer, um möglichst viel Druck standhalten zu können, ohne das Wasser in die Uhr eindringen kann.
Die meisten Taucheruhren verfügen ohnehin über 200 oder sogar eine noch höhere Wasserdichtigkeit, was häufig über eine (nicht zwangsläufig benötigte) verschraubte Krone realisiert wird. Tatsächlich braucht es das aber gar nicht, um den offiziell normierten Anforderungen an eine moderne Taucheruhr gerecht zu werden. Andererseits ist auch die Ablesbarkeit der Tauchzeit eine entscheidende Voraussetzung. Dieser Punkt bedeutet, dass der Taucher jederzeit die Möglichkeit haben muss, die Dauer des bisherigen Tauchgangs auf dem Schirm zu haben. Das ist essentiell wichtig, um zu wissen, wie lange man noch Sauerstoff hat, da man ja das Auftauchen auch wieder mit in den Sauerstoffvorrat einplanen muss.
Diese nötige Funktion wird über die Taucherlünette mit Minuterie abgebildet – allerdings müsste die Minuterie nicht nur alle 5-Minuten-Schritte eine von der üblichen Darstellung abweichende Markierung besitzen, sondern darüber hinaus auch komplett umlaufend sein, sodass etwa die Rolex Submariner, die nur über Minutenschritte für die ersten 15 Minunten verfügt, streng genommen gar keine ISO-konforme Taucheruhr ist. Die meisten Tauchgänge dürften jedoch kaum mehr als 40 Minuten dauern, weshalb dieser ablesbare Zeitrahmen auf der Lünette immer noch ausreichend sein dürfte. Wer sich schon immer mal gefragt hat, warum die Lünette bei einer Rolex GMT Master II in beide Richtungen drehbar ist, bei der Submariner aber nur in eine, der findet die Antwort ebenfalls in der ISO 6425 Norm: die Tauchzeitanzeige muss vor versehentlicher Handhabung geschützt sein.
Das bedeutet, dass selbst bei einem Stoß oder Schlag gegen die Lünette die angezeigte Tauchzeit nicht verkürzt werden darf, da der Taucher sonst mit einer zu langen Resttauchzeit kalkuliert und ihm der Sauerstoff ausgehen könnte – über die einseitig drehbare Lünette ist es daher nur möglich, die Tauchzeit versehentlich zu verlängern (was zu einem zu frühen Auftauchen führen würde), nicht aber zu verkürzen. Dabei ist es übrigens vollkommen irrelevant, ob es sich bei der Lünette um einen außen auf dem Gehäuse oder einen innen liegenden Lünettenring handelt, der über eine weitere Krone angesteuert wird.
Prüfung von Musteruhren für die Zertifizierung
Soll eine Taucheruhr dann auch wirklich getestet werden, gibt es in der ISO 6425 Norm ein konkretes Testverfahren, das auf eine Musteruhr angewendet werden muss. Diese Musteruhr soll natürlich baugleich mit den später in Serie zu produzierenden Uhren sein, um zu gewährleisten, dass alle Uhren dieses Typs dann auch wirklich die nötigen Anforderungen an eine Taucheruhr erfüllen. Die Musteruhr muss dabei verschiedene Tests erfüllen, die sich neben der Ablesbarkeit, der Wasserdichtigkeit, dem magnetischen Widerstand und spontanen Temperaturwechseln auch mit den Themen Salzsprühtest, Stoßfestigkeit, Stoßfestigkeit aus freiem Fall und der Widerstandsfähigkeit von Anbauteilen beschäftigen. Diese Tests sind nichts für einfache Spaßuhren, denn um diese zu bestehen muss der Hersteller die Armbanduhr konkret auf die entsprechenden Testverfahren anpassen und ausrichten.
Zunächst muss die Uhr bei regulärer Zimmerbeleuchtung ablesbar sein, wobei hier 50 Lux als angemessenes Niveau angesehen werden. Gleichzeitig muss die Uhr aber auch im Dunklen ablesbar sein – und zwar 25 cm von der Uhr entfernt und stolze 180 Minuten nach dem letzten Kontakt mit einer Lichtquelle. Das bedeutet, dass eine Taucheruhr praktisch immer Leuchtmittel tragen muss. Aber nicht nur die Uhrzeit muss sich problemlos ablesen lassen, sondern auch die Tauchzeit. Um dies zu gewährleisten muss die Uhr auch auf der Lünette Leuchtmittel an wenigstens einem bestimmten Punkt tragen – und die Zeiger müssen klar voneinander unterscheidbar sein. Wenn die Uhr dann aber nicht läuft, ist das ein weiteres potentiell tödliches Problem für den Taucher, weshalb auch das tatsächliche Laufen der Uhr angezeigt werden muss.
Bei mechanischen Uhren wird dies über einen Sekundenzeiger realisiert, der dann aber natürlich auch wieder mit Leuchtmittel ausgestattet sein muss. Bei Quarzuhren benötigen diese zudem eine sogenannte „End-oif-Life“-Anzeige, also eine Anzeige, ob und wann die Batterie droht, leer zu werden. Vor dem Hintergrund dieses Tests wird bereits klar, warum praktisch alle modernen Taucheruhren unterschiedliche Zeigerformen, einen Sekundenzeiger und eine drehbare Lünette mit entsprechender Beschriftung aufweisen.
Magnetfeldresistenz und Temperaturresistenz
Weiterhin müssen Taucheruhren auch über ein gewisses Maß an Magnetfeldresistenz verfügen. Das mag auf den ersten Blick verwundern, denn typischerweise sind Uhren mit einer besonders hohen Magnetfeldresistenz solche, die in Forschungseinrichtungen zum Einsatz kommen, wie etwa die Rolex Milgauss. Tatsächlich ist ein gewisses Maß an magnetischem Widerstand aber sowohl für Taucheruhren, als auch für andere Uhrentypen vorgeschrieben, etwa für Fliegeruhren. Der Grund hierfür ist eigentlich ganz einfach: Praktisch alle elektronischen Geräte erzeugen ein eigenes Magnetfeld und können dadurch auf die Unruhspirale wirken, was im Endeffekt die Präzision des Uhrwerks negativ beeinflussen würde. Die ISO 6425 und DIN 8309 Normen sind in diesem Punkt nicht komplett deckungsgleich, im Großen und Ganzen ähneln sich die Richtwerte aber durchaus. Gemäß ISO 6425 muss der magnetische Widerstand einer Taucheruhr entsprechend der ISO 764:2002 ausgelegt sein.
Demnach gilt eine Uhr mit einem Kaliberdurchmesser von mehr als zwei Zentimetern (was die meisten modernen Uhrwerke umfasst) dann als antimagnetisch, wenn sie Magnetfeldern von 4.800 A/m, bzw. 6.000 Mikrotesla, widerstehen kann und in einem anschließenden Test eine Abweichung von maximal 30 Sekunden pro Tag aufweist. Die DIN 8309 Norm spezifiziert sogar den Ablauf des Tests: Die Uhr muss mit dem Zifferblatt nach oben getestet werden und das homogene Magnetfeld von 4.800 A/m muss 60 Sekunden auf das Uhrwerk wirken. Dieser Test ist nicht wirklich schwer zu bestehen, da bereits auf Grund der heute standardmäßig verbauten Feinteile in einem Uhrwerk bereits ein gewisses Maß an magnetischem Widerstand gewährleistet ist. Selbst günstigere oder einfachere mechanische Uhrwerke verfügen über eine Magnetresistenz, die über das in diesen für Taucheruhren einschlägigen Normen geforderte Maß hinausgeht.
Ein weiterer wichtiger Test, der durchaus relativ praxisrelevant sein dürfte, ist der Test hinsichtlich möglicher Temperaturschwankungen. Die beiden Prüfnormen weichen in diesem Testverfahren allerdings erheblich voneinander ab! Gemäß ISO 6425 wird die Musteruhr, die getestet werden soll, dabei für eine ganze Stunde in -20 Grad Celsius kalter Luft gehalten und im Anschluss eine halbe Stunde bei Raumtemperatur gelagert. Die darauf folgende Stunde muss die Uhr bei stolzen 60 Grad Celsius Lufttemperatur aushalten und danach wiederum eine weitere Stunde bei 2 Grad Celsius kaltem Wasser baden. Die DIN-Norm 8306 verlangt hier zehn Minuten Tauchzeit in 30 cm Wassertiefe bei 40 Grad Celsius, dann 10 Minuten bei 5 Grad Celsius und dann wieder 10 Minuten bei 40 Grad Celsius.
Die Temperaturbandbreite ist bei der ISO Norm also deutlich höher, allerdings ist die Uhr nur beim DIN-Test dauerhaft unter Wasser. Nach den beiden Testverfahren muss die Uhr im Anschluss daran noch perfekt funktionieren und es darf kein Wasser ins Innere des Gehäuses eingedrungen sein. Letzteres wird über einen Kondensationstest sichtbar gemacht: Die Uhr wird mit Hilfe einer Heizplatte auf eine Temperatur von 40 – 45 Grad Celsius erhitzt. Auf das Uhrenglas wird dann Wasser in Form eines Wassertropfens oder unter Zuhilfenahme eines feuchten Tuches oder Kissens aufgetragen, wobei dieses Wasser zwischen 18 und 25 Grad haben sollte. Nach einer Minute wird das Glas getrocknet und geprüft, ob sich an der Innenseite des Glases Kondenswasser gebildet hat. Wenn Wasser in die Uhr eingedrungen sein sollte, würde sich Kondenswasser an der Innenseite bilden, da die Temperatur außerhalb und innerhalb des Uhrengehäuses sehr unterschiedlich ist. Diesen Effekt kann man auch im Herbst oder Winter am Fenster beobachten: Innen warm und außen kalt bedeutet, dass sich Kondenswasser am Fenster bildet.
Dieses Phänomen sollten Uhrenfans auch grundsätzlich im Hinterkopf behalten, denn Kondenswasser an der Innenseite des Uhrenglases bedeutet, dass sich Wasser im Gehäuse befindet und das Uhrwerk potentiell beschädigen kann – also ab zur Revision. Gerade für einen Taucher wäre eine negative Abweichung der Zuverlässigkeit seiner Uhr auf Grund von Wasser oder plötzlichen Temperaturunterschieden dramatisch, da eine falsche Berechnung der Tauchzeit die Folge sein könnte, was in letzter Konsequenz zum Ertrinken führen könnte.
Korrosionsbeständigkeit und Robustheit der Uhr
Ein weiterer Test, den beide Normen vorsehen, bezieht sich auf die Korrosionsbeständigkeit der Uhr, was sowohl das Gehäuse, als auch das Armband betrifft. Auch hier gibt es Unterschiede hinsichtlich der konkreten Durchführung zwischen der ISO und der DIN Norm. Gemäß ISO 6425 wird die Uhr mit einem Sprühnebel aus Kochsalzlösung behandelt, der im Anschluss nicht mehr abgewischt oder entfernt wird. Zwei Tage (also 48 Stunden) später darf die Uhr keine optischen oder funktionellen Defizite zeigen, insbesondere müssen alle beweglichen Teile frei von Einschränkungen durch mögliche Korrision sein. Die DIN Norm hingegen verlangt ein Einlegen der Uhr in eine 3-prozentige Kochsalzlösung bei 23 Grad Celsius. Das dürfte kaum überraschen, denn der Salzgehalt der Weltmeere liegt im Durchschnitt bei knapp 35 Gramm Salz pro Liter Wasser, was einem prozentualen Gehalt von etwa 3,5 % Salz entspricht.
Die DIN-Norm liegt damit sogar noch 0,5 % unterhalb des tatsächlichen Salzgehalts der Meere, die Ergebnisse können aber wohl durchaus vergleichbar sein und Rückschlüsse auf die Korrosionsbeständigkeit des Zeitmessers zulassen. Dabei sollte man sich von der Aussagekraft dieses Tests nicht direkt blenden lassen: Zwar liegen formal nur 0,5 % zwischen 3 % Salzgehalt im Testwasser und 3,5 % Salzgehalt im Meer. Relativ betrachtet bedeutet das aber, dass das echte Meerwasser rund ein Sechstel (knapp 17 %) salziger ist, als das Testwasser. Ein Unterschied in den Ergebnissen dürfte bei diesen divergierenden Bedingungen also eigentlich nicht unbedingt überraschen.
Der nächste Test für Taucheruhren dürfte auf den ersten Blick martialisch wirken, er hat aber durchaus seine Berechtigung: Man prügelt mit einem Hammer auf die Uhr ein! Na gut, ganz so dramatisch, wie es auf den ersten Blick klingen mag, ist es in der Realität dann doch nicht. Vielmehr soll dieser Test zeigen, das die Uhr über eine gewisse Stoßfestigkeit verfügt. Sowohl beim Arbeiten unter Wasser (etwa beim Verschweißen einer Öl-Pipeline), als auch bei militärischen Einsätzen (etwa von Kampfschwimmern, die Sprengsätze an feindlichen Schiffen platzieren) kann es vorkommen, dass der Taucher mit seinem Arm und damit natürlich auch mit seiner Uhr gegen ein Hindernis schlägt. Außerdem kann es gut und gerne passieren, dass die Uhr einmal fallen gelassen wird und auf hartem Untergrund aufschlägt. Dann darf natürlich keine große Zeitabweichung eintreten, da ein solcher Fehler möglicherweise unentdeckt bleiben könnte und im Falle eines Tauchganges zu fatalen Folgen führen könnte.
Um die Stoßfestigkeit zu testen wird daher mit einem 3 Kilogramm schweren Hammer auf die Uhr geschlagen, wobei die Aufprallgeschwindigkeit genau 4,43 Meter pro Sekunde betragen muss. Diese Geschwindigkeit entspricht genau 15,95 Kilometern pro Stunde und nebenbei auch der Geschwindigkeit eines Gegenstandes, der aus der Höhe von einem Meter auf den Boden fällt. Trotz der harten Beanspruchung darf die Uhr weder in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt sein, noch darf die daraus resultierende Gangabweichung bei mehr als 60 Sekunden pro Tag liegen.
Der wichtigste Test: Die Wasserdichtigkeit
Als nächstes kommt der Test, auf den vermutlich alle Fans von Taucheruhren gewartet haben dürften: Der Test hinsichtlich der Wasserdichtigkeit. Dieser ist in zwei verschiedene Prüfteile aufgeteilt, denn die Uhr soll ja unter Wasser nicht einfach nur vor sich hin ticken, sondern muss auf Grund unterschiedlichster Anforderungen unter Wasser auch verschiedenen Belastungen und Einwirkungen ausgesetzt werden. Für die Prüfung der Wasserresistenz wird die Uhr zunächst in 30 Centimeter tiefes Wasser eingetaucht. Unter Wasser muss die Uhr nicht nur weiter arbeiten, ohne dass Wasser eindringt, sondern auch alle Funktionselemente müssen problemlose bedienbar sein. Dazu gehört insbesondere die drehbare Lünette. Funktionsteile, die nicht für die Benutzung unter Wasser ausgelegt sind, etwa verschraubbare Lünetten oder Drücker bei einem Chronographen, können von diesem Test natürlich ausgenommen sein.
Nach 48 Stunden wird die Uhr entnommen und es wird erneut ein Kondensationstest durchgeführt, um selbst zunächst nicht sichtbares Wasser im Inneren der Uhr nachweisen zu können. Im Anschluss daran wird die Uhr erneut 30 Centimeter unter Wasser getaucht, allerdings wird die Wasserkammer jetzt unter Druck gesetzt. Auf die Uhr müssen 25 % mehr Druck wirken, als die Angabe der Wasserdichtigkeit zulassen würde. Das bedeutet: Wird die Wasserdichtigkeit einer Uhr mit 200 m, bzw. 20 bar angegeben, wird ein Druck von 25 bar simuliert. Diese Überbelastung hängt ebenfalls wieder mit den Druckspitzen unter Wasser zusammen, die beim Bewegen und Arbeiten unter Wasser auftreten. Auf Krone, Drücker und andere Bedienelemente wird dann von oben zusätzlich Kraft ausgeübt.
Insgesamt werden 5 Newton (etwa ein halbes Kilogramm Kraft) über den Zeitraum von 10 Minuten ausgeübt, sodass über die reguläre Druckbelastung hinaus auch höhere Belastungen simuliert werden können, die speziell auf sensible Bauteile wirken. Im Anschluss wird, wer hätte das gedacht, erneut ein Kondensationstest durchgeführt.
Auch das Armband wird überprüft
Last but not least wird auch noch das Armband der Uhr genau geprüft. Der Grund dafür dürfte auf der Hand liegen: Wenn die Uhr unter Wasser verloren geht, kann der Taucher die Tauchzeit nicht mehr ablesen. In diesem Falle müsste er sofort auftauchen, da er nicht weiß, wie lange er noch Sauerstoff hat. Der Test für die Widerstandsfähigkeit von Anbauteilen soll dieses Szenario verhindern. Dabei wird eine Kraft von 200 Newton, was ziemlich genau 20 Kilogramm entspricht, simuliert, die im geschlossenen Zustand in beide Richtungen von der Uhr wegziehend wirkt. Weder darf sich dabei die Schließe des Uhrenarmbands öffnen, noch dürfen die Federstege verbiegen oder einzelne Glieder Stretch bekommen oder gar den Geist aufgeben. Die praktisch alle modernen Taucheruhren über Armbänder aus Edelstahl oder Kautschuk verfügen, gibt es kaum eine Uhr, deren Armband diesen Belastungen nicht standhalten würde.
Wenn eine Taucheruhr nicht nur den ISO 6425 Anforderungen entsprechen soll, sondern die Uhr auch noch „ISO 6425 zertifiziert“ sein soll, dann reicht der Test mit einer Musteruhr nicht mehr aus. Stattdessen muss jede einzelne Uhr, die so verkauft werden soll, getestet werden. Hierfür werden die Wasserdichtigkeit und der Überdruck getestet. Dabei wird die Uhr zunächst in Wasser getaucht und ein Überdruck von 25 % erzeugt, der über dem angegebenen Nennwert der Uhr liegt (also wieder 25 bar bei 20 bar offiziell angegebener Wasserresistenz).
Selbst bei Uhren mit weniger als 10 bar Wasserdichtigkeit (denn nirgendwo steht, dass eine Taucheruhr mindestens 200 Meter, bzw. 20 bar wasserdicht sein muss) wird automatisch immer 10 bar angesetzt. Dieser Zieldrucke muss spätestens 10 Minuten nach dem Eintauchen der Uhr aufgebaut sein und wird dann genau zwei Stunden lang aufrechterhalten. Anschließend wird der Überdruck innerhalb von 10 Minuten auf 0,3 bar reduziert und eine weitere Stunde aufrechterhalten. Nach dem Entnehmen der Uhr aus dem Wasser wird ein abschließender Kondensationstest durchgeführt. Hat eine Uhr diesen Test erfolgreich bestanden, darf diese einzelne Uhr als offiziell „ISO-zertifizierte Taucheruhr“ verkauft werden.
Die Geschichte der Taucheruhren
Die Geschichte der Taucheruhr gehört zu den spannendsten historischen Entwicklungen im Uhrenbereich überhaupt. Wer denkt, ein x-beliebiger Uhrenhersteller wollte schlicht und ergreifend eine Uhr für Taucher entwickeln, um einen neuen Absatzmarkt zu generieren, der irrt: Dass Taucheruhren auch im Alltag getragen werden und zu den am häufigsten verkauften Uhrentypen überhaupt gehören, ist eine noch relativ junge Entwicklung. Ihren Ursprung hatte die Taucheruhr bereits sehr früh, vermutlich gegen Mitte des 18. Jahrhunderts. Bereits um 1750 gab es Hinweise auf erste Versuche von Uhrmachern, ihre Taschenuhren über verschiedene Mittel und Wege wasserdicht zu machen. Bei einer Taschenuhr hat man es jedoch auch verhältnismäßig leicht: Die Uhr kann einfach in einen darüber liegenden Glaskäfig gelegt werden, der im Anschluss verschraubt wird.
Da die Uhr nicht am Handgelenk getragen wird, sind Befestigungsart, Größe und Gewicht keine relevanten Kriterien für eine möglich Einschränkung. Bei der Armbanduhr sieht es da schon ganz anders aus! Im 19. Jahrhundert konnten die ersten Taschenuhren halbwegs wasserdicht konstruiert werden, wobei insbesondere der Gehäusehersteller François Borgel gegen Ende des 19. Jahrhunderts große Fortschritte in diesem Bereich erzielen konnte. Die ersten mehr oder weniger wasserdichten Armbanduhren würden jedoch noch auf sich warten lassen und zwischen einer wasserdichten Uhr und einer echten Taucheruhr liegt immer noch ein sehr großer Unterschied!
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen die ersten Patente hinsichtlich möglicher wasserdichter Armbanduhrengehäuse auf. Vor allem in den USA, aber auch in der Schweiz wurden militärisch nutzbare Armbanduhren ein Treiber von Innovation und Fortschritt. Die Tavannes Watch Company, Ende des 19. Jahrhunderts vom Uhrmacher Henri-Frédéric Sandoz gegründet, kam um 1915 mit der „Submarine“ um die Ecke – einer der ersten wasserdichten Armbanduhren überhaupt. Häufig waren diese Uhren sogenannte „Canteen Watches“, die eigentlich gar nicht über ein wasserdichtes Gehäuse verfügten, sondern deren Krone mit Hilfe eines an einer Kette befestigten Käppchens zugeschraubt und damit geschützt werden konnte. Das Patent für die erste wasserdichte Aufzugskrone sollte erst Jahre später angemeldet und von einem gewissen Herrn Wilsdorf gekauft werden. Zwischen 1915 und 1918 wurden dann vor allem in den USA immer mehr wasserdichte Armbanduhren auf Basis dieser Kronenkonstruktion hergestellt.
Die Hersteller Fortis, Gruen und Waltham waren für einen Großteil der weltweiten Produktion verantwortlich, wobei insbesondere die US-amerikanische Marke Waltham Watch Company als einer der wichtigsten Hersteller galt. Im Jahr 1918 erhielt Waltham vom United States Army Signal Corps sogar eine Bestellung über stolze 10.000 Uhren dieser Bauart. Das Problem: Jedes mal, wenn man diese „Canteen Uhren“ aufziehen und / oder stellen wollte, musste man den Kronenschutz abschrauben, wodurch Wasser ins Gehäuse eindringen konnte. Langfristig würde sich diese Lösung also nicht durchsetzen können, zumal eine wasserdichte Uhr noch lange keine Taucheruhr ist. Nach heutigem Maßstab waren diese frühen Armbanduhren nicht einmal ansatzweise wasserdicht. Würde man moderne Parameter zur Beschreibung der Wasserresistenz dieser Fabrikate nutzen, würde eine Wasserdichtigkeit von von weniger als 10 Metern, bzw. unter 1 bar herauskommen.