Die Geschichte der Uhr
Heute gehören Uhren zu unserem alltäglichen Leben einfach dazu. Das Messen und Im-Auge-Behalten der Uhrzeit ist für zahlreiche Tätigkeiten im Alltag essentiell und aus unserer allgemeinen Lebensführung kaum mehr wegzudenken. Auch für die frühen Menschen war die Messung der Zeit ein Mysterium, dem man sich angenommen hat. Das bringt uns an die Anfänge der Zeitmessung und der Geschichte der Uhr.
Bereits um das Jahr 3.000 vor Christus gab es erste Sonnenuhren, die von den Ägyptern und Sumerern entwickelt wurden. Diese primitiven Formen der Zeitmessung benötigten lediglich einen Stock, den man in den Boden steckte. Anhand des Schattens konnte man dann ablesen, wie weit der Tag bereits fortgeschritten war. Das Problem: Weder eine korrekte Einteilung in einzelne Zeitintervalle (Stunden, Minuten, Sekunden) war möglich, noch das Ablesen der Uhrzeit, wenn die Sonne nicht schien.
Rund 1.000 Jahre nach den ersten dokumentierten Sonnenuhren, also etwa 2.000 vor Christus, teilten die Babylonier bereits den Tag in 24 Stunden (bzw. 12 Stunden für den Tag und 12 Stunden für die Nacht), während jede Stunde bereits auf 60 Minuten kam. Auch die Ägypter führten diese Einteilung der Tageszeit ein, allerdings wurden hier bereits feststehende Obelisken aus Stein genutzt. Diese konnten zwar ebenfalls nur bei Sonnenlicht abgelesen werden, allerdings war der feste und stabile Stand dieser Obelisken ein Garant dafür, dass eine einmal angebrachte Skala sich nicht mehr auf Grund von äußeren Einflüssen verändern würde.
Ca. 1500 BC: Wasseruhr statt Sonnenuhr
Eine immer noch primitive Form der Zeitmessung, die jedoch bereits deutlich fortgeschrittener als die Sonnenuhr war, war die Wasseruhr. Hierfür wurde ein Gefäß mit festen Markierungen und kleinen Löchern im Boden aufgehängt. Das Wasser entwich langsam über die Löcher im Boden, was dazu führte, dass der Wasserpegel in diesem Gefäß zu sinken begann. Je nachdem, welche Markierung im inneren Rand des Gefäßes dann sichtbar war, konnte man daran die aktuelle Zeit, bzw. die seit dem Füllen des Gefäßes vergangenen Zeiteinheiten ablesen.
Diese Form der Zeitmesser war zwar noch weit entfernt von unserer heutigen Uhr, immerhin funktionierte dieser Mechanismus aber bereits unabhängig von Sonnenlicht und es ließen sich sogar vorher festgelegte Zeitintervalle über verschieden große Gefäße abbilden. Zur Einordnung: Die Wasseruhr war näher an der Geburt Christi dran, als wir es heute sind.
In Indien und Tibet wurde um 1.500 vor Christus die Zeit mit Hilfe von Räucherstäbchen gemessen – ein ähnliches System, wie auch in Europa zu dieser Zeit verbreitet war. Je nachdem, wie weit die Kerze oder das Räucherstäbchen heruntergebrannt war, konnte man die aktuelle Zeit, bzw. die vergangenen Stunden seit dem Anzünden ablesen. Dabei machte man sich die Tatsache zunutze, dass sorgsam hergestellte Kerzen. und Räucherstäbchen in etwa gleichmäßig abbrannten – also ähnlich zuverlässig waren, wie die Wasseruhr.
Die erste wirklich präzise Form der Zeitmessung entstand um 600 Vor Christus in Ägypten. Die Ägypter formten mit zwei Lot-Linien, den sogenannten „Merkhets“, zwei Linien auf den Polarstern. Der Meridian, die Nord-Süd-Linie, stellte dabei den Mittelpunkt, bzw. die Mittellinie dar. Anhand der Sternwanderung entlang dieser gedachten Linie konnte dann abgelesen werden, wie viele Stunden der Nacht bereits vergangen waren – denn die Sterne am Firmament bewegen sich jede Nacht exakt gleich.
Ca. 1300: Hölzerne Großuhren sorgen für Präzision
Die erste mechanische Uhr, die kontinuierlich die Zeit relativ präzise anzeigen konnte, nahm noch weit mehr als 1.000 Jahre in Anspruch. Erst im Mittelalter, um 1.300 nach Christus, existierten die ersten hölzernen Großuhren, die die Zeit anzeigen konnten. Dokumentiert sind diese frühen Uhren in Italien, wo sie von christlichen Mönchen hergestellt wurden. Diese benötigten eine vergleichsweise präzise Möglichkeit, die Zeit anzuzeigen, um den Tagesablauf, der für Mönche essentiell und streng vorgegeben war, anhand ihrer Gebetszeiten auszurichten.
Die frühen Räderuhren in Italien verbreiteten sich schnell in ganz Europa, allerdings waren diese noch weit von halbwegs miniaturisierbaren Konzepten entfernt. Rathäuser, Kirchtürme und markante öffentliche Gebäude fungierten als Zeitanzeiger, da nur hier genug Platz war und die Gebäude an zentralen Orten standen, um entsprechend große Uhren unterbringen und diese auch einer breiten Masse der Bevölkerung zur Verfügung stellen zu können.
Ca. 1400: Die ersten tragbaren Uhren entstehen
Die ersten tragbaren Uhren entstanden dann gegen 1.400 nach Christus in den Metropolen von Zentraleuropa. Häufig wird das Nürnberger Ei, die erste halbwegs als solche zu bezeichnende Taschenuhr des Nürnberger Uhrmachers Peter Henlein, als erste tragbare Uhr beschrieben – tatsächlich hatte Henlein aber nur bestehende Konzepte weiter verbessert, miniaturisiert und damit einer breiten Masse der Bevölkerung zugänglich gemacht. Einfache mechanische Uhren in Eier-Form oder Zapfen-Form, die an Ketten am Körper getragen werden konnten, gab es bereits im frühen 15. Jahrhundert nach Christus. Diese ersten tragbaren Uhren wurden jedoch nicht nur in der Jackentasche getragen, sondern insbesondere von der Damenwelt auch an Ketten um den Hals. Bis dann die ersten flachen Taschenuhren auf den Markt kamen, dauerte es erneut eine ganze Zeit.
Diese den modernen Uhren endlich halbwegs ähnlichen Taschenuhren, die jedoch immer noch deutlich dicker als klassische Taschenuhren waren (sogenannte „Dosenuhren“) entstanden vermutlich in Süddeutschland, allerdings gab es auch vergleichbare Bestrebungen zur Entwicklung solcher Uhren in Frankreich, Italien und England. Die ersten datierbaren Stücke aus dieser Kategorie dürften um das Jahr 1510 herum gefertigt worden sein. Die Schweiz war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ansatzweise mit der Fertigung von Uhren zugange – die hochkomplexen Innovationen der frühen Uhrmacherkunst erfolgten fast ausschließlich in den industriellen Zentren Zentraleuropas.
Ca. 1650: Die Spindelhemmung ermöglicht den Minutenzeiger
Um 1650 herum dürften die ersten Taschenuhren mit Spindelhemmung hergestellt worden sein, die vor allem in Deutschland und Frankreich große Beliebtheit erfuhren. Bis dahin waren Uhren fast ausschließlich mit Stundenzeigern ausgestattet, erst die modernen Spindeluhren hatten auch einen Minutenzeiger auf dem Zifferblatt montiert. Trotz der immer weiter fortschreitenden Vereinfachung und Fertigung dieser Uhren waren sie immer noch sehr teuer und konnten fast ausschließlich von einer wirtschaftlichen Elite der oberen Gesellschaftsschichten erworben werden. Bis die ersten massentauglichen Taschenuhren mit Ankerhemmung den breiten Markt eroberten, vergingen noch mehrere Jahrhunderte.
Der englische Uhrmachermeister Thomas Mudge entwickelte schließlich im Jahr 1757 die freie Ankerhemmung und legte damit den Grundstein für die Entwicklung moderner mechanischer Uhrwerke. Auf Grund ihrer technischen Überlegenheit und der deutlich höheren Präzision konnte die Ankerhemmung in sämtlichen ihrer Ausprägungen die bis dahin am weitesten verbreitete Spindelhemmung schnell ablösen.
Ab Ende 18. Jahrhundert: Stiftankerhemmung & Steinankerhemmung
Im Jahr 1798 erblickte eine Erfindung das Licht der Welt, die heute gerne übersehen wird, in ihren Auswirkungen aber kaum zu überschätzen sein dürfte: die Stiftankerhemmung. Diese besondere Form der Unruhhemmung geht zurück auf den Schweizer Uhrmacher Louis Perron, der 1779 geboren wurde. Perron arbeitete – wer hätte es gedacht – in Paris im Atelier von Abraham Louis Breguet. Dort modifizierte er bestehende Hemmungssysteme und miniaturisierte frühe Konzepte einer einfachen Form der Stiftankerhemmung so weit, dass diese fortan in tragbaren Uhren eingesetzt werden konnte.
Damit handelt es sich bei der Stiftankerhemmung erneut um eine bahnbrechende Innovation der Uhrmacherkunst, die einmal mehr auf das Konto des ikonischen Erfinders Abraham Louis Breguet, bzw. einen seiner Mitarbeiter, zurückgeht. Das Besondere an der 1798 entwickelten Stiftankerhemmung: Der Erfinder Perron war bei seinem durchschlagenden Erfolg gerade einmal 19 Jahre alt. Die Stiftankerhemmung verbreitete sich schnell in ganz Europa und förderte die Produktion von Taschenuhren in erheblichem Maße.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts herum entwickelte der sächsische Uhrmacher und Unternehmer Ferdinand Adolf Lange (der Gründer der Manufaktur A. Lange & Söhne) die freie Ankerhemmung, die erstmals flache Taschenuhren mit moderner Hemmung ermöglichte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Schweiz die Schweizer Ankerhemmung auf Basis der Glashütter Ankerhemmung entwickelt – diese ist noch heute Bestandteil der allermeisten mechanischen Uhrwerke. Zahlreiche weitere Hemmungsarten, etwa die Steinankerhemmung, wurden parallel dazu oder kurz darauf erfunden, konnten sich auf Grund der Überlegenheit der freien Ankerhemmung aber nie im großen Stil durchsetzen.
Ca. 1930: Die Armbanduhr löst die Taschenuhr ab
Die Ablösung der Taschenuhr erfolgte erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Während die Armbanduhr zu Beginn als zu feminin und zu unpräzise für den Massenmarkt gesehen wurde, konnte sie während des 1. Weltkriegs ihre überlegene Alltagstauglichkeit unter Beweis stellen. Ab 1930 herum waren bereits mehr als die Hälfte der aus der Schweiz exportierten Uhren Armbanduhren und keine Taschenuhren mehr. Innerhalb weniger Jahre verschwand die Taschenuhr dann beinahe komplett aus dem Alltag der Menschen, während sie heute nur noch für extravagante Kunstwerke und High Horology Stücke mit zahlreichen hohen Komplikationen genutzt wird.
Eine parallele Entwicklung der Uhr und der Zeitmessung als Ganzes erfolgte jedoch in Asien. Im wissenschaftlich und kulturell schon früh weit fortgeschrittenen China gab es bereits um das frühe 11. Jahrhundert herum astronomische Uhren, die über eine einfache Form der Ankerhemmung verfügten. Auch in der arabischen Welt gab es bereits im 13. und 14. Jahrhundert extrem präzise astronomische Uhren, etwa die Uhr von Al-Jazari oder die astronomische Uhr von Ibn al-Shatir. Diese Instrumente konnten neben der Uhrzeit auch verschiedene Mondphasen und Tierkreise abbilden, außerdem gab es bereits frühe Formen einer akustischen Repetition und einer Programmierbarkeit hinsichtlich der Tageslänge für Sommer- und Wintertage.